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Authentisch vs. Natürlichkeit

Seit kurzem beschäftigt mich ein kleines und doch gerade in der aktuellen Zeit sehr präsentes Wort. Authentisch sein. Ich habe kürzlich mit einem Post, bzw. mit einem Wort, einen Menschen getriggert. Es war mir zu diesem Zeitpunkt nullkommanull bewusst, und ich habe mit keiner Sekunde während ich diesen post geschrieben hatte, an diese Person gedacht. Also warum sollte mich das weiter interessieren? Und schon bin ich beim Thema. Würde ich mich nicht damit beschäftigen, dann wäre das nicht ich und dann? Wäre ich nicht authentisch?
Diese Person fragte mich, angestoßen durch meinen post, wem sie denn beim Event xy gegenüberstand, wenn ich mich doch so gegen das Wort „Authentisch“ wehre.
Ähhh – was wollte sie mir sagen – habe ich mich doch mit keinem Wort in diesem post negativ über „Authentisch sein“ geäußert. Und doch lässt es mir keine Ruhe darüber nachzudenken.

Warum lösen Begriffe wie Authentizität und Sichtbarkeit bei mir Unbehagen aus?
Kann ich immer authentisch sein? Will ich immer authentisch sein?
Und ich merke, dass mich dieses Wort begleitet. Ich habe mich immer gut verkauft, obwohl ich nach wie vor behaupte, dass ich ein total schlechte Verkäuferin bin. Und dennoch habe ich mich selbst gut verkauft. Im Job, in der Beziehung, im Wettbewerb.
Wenn ich heute an meine Zeit kurz vor dem Burnout denke ( der in Wirklichkeit seine Wurzeln schon viel eher – und mit viel eher meine ich wirklich viele Jahre eher hatte), dann erinnere ich mich daran wie eine Freundin zu mir sagte:“ Wie schaffst du das immer gut gelaunt zu sein, obwohl es dir sichtbar Sch… geht?“ Ich überlegte nicht lange und sagte ihr:“Wenn ich mit dem Auto in die Tiefgarage fahre, dann beginne ich professionell zu arbeiten. Alles andere bringt nichts. Weder hilft es mir trübsinnig durch die Gegend zu laufen, noch helfe ich damit meinen KollegInnen, noch unseren Patienten!“
„Ist das dann alles nur gespielt?“ fragte darauf meine Freundin. „Nein, ich spiele das nicht, ich lasse dann einfach alles andere hinter mir, wenn ich das Firmengelände betrete! Alles was in der Firma stattfindet, hat nichts mit meinem Privatleben zu tun.“ Meine Freundin war darüber sehr beeindruckt, und für mich war das selbstverständlich.
Und es war damals wie Heute genau diese Frage – Wer bist du denn dann vor der Kamera, oder während der Arbeit? und genau das ist es was mir keine Ruhe ließ – die gleiche Frage mit 13 Jahren Abstand!
Sollte ich mich tatsächlich nicht weiterentwickelt haben?
Diese Frage kann ich sofort mit „ doch, ich habe mich weiterentwickelt !“ beantworten.
Ich weiss heute, dass es für mich und meine Gesundheit besser ist echt und natürlich zu sein, anstatt immer zu 100% authentisch.
Egal in welcher Situation deines Lebens du mit einem Burnout konfrontiert wurdest, sei es beruflich, familiär, in einer Beziehung oder durch ein schweres Schicksal, versuche an diesen Satz zu denken!

Mit Natürlichkeit weg von der Perfektion

Perfektion ist leider ein sehr häufiger Grund für einen Burnout. Also warum nicht versuchen – weg vom Perfektionismus.
Wenn von Sichtbarkeit gesprochen wird, dann fällt auch meist das Wort „ authentisch sein“. Ok, das schein derzeit DAS Modewort zu sein – neben „Sichtbarkeit“ und „Empowerment“.
Steh auf und werde sichtbar – wissen eigentlich all die neuen Frauenversteherinnen in den sozialen Medien, dass Sichtbar werden viel Mut und Anstregung erfordert?
Ich bin immer mehr der Meinung, dass wir das Wort „Natürlichkeit“ mehr in den Vordergrund bringen sollten.
Ich, für meinen Teil, habe festgestellt, dass mir Natürlichkeit wesentlich besser gefällt und auch nicht so schnell mit dem Wort Professionalität in Verbindung gebracht wird.. Der Unterschied ist ausschlaggebend.
Ein Beispiel:
Du benötigst von einer Veranstaltung noch ein cooles Foto für social media mit einer Teilnehmerin. Du bist sofort in Position und es gibt das perfekte Bild. Eine Freundin hat parallel ein Foto von dir und einer Teilnehmerin unbemerkt gemacht und eine Locke steht keck in dein Gesicht und ein kleines weisses Barthaar ist an deinem Kinn erkennbar. Nah? Welches Foto wirst du höchstwahrscheinlich wählen? Genau – das perfekte, makellose, das dich authentisch in Szene setzt. Wäre aber das natürliche Foto von Dir nicht ggf. das, das dich wirklich zeigt? Wäre vlt das natürliche Foto letztendlich genau das, das dir die likes bringt und mit dem du 100 Empathiepunkte gewinnen würdest?
Und dennoch wirst Du das perfekt Foto wählen, denn das ist es, das wir ja gerade lernen. Setze Dich perfekt in Szene!
Das letzte Jahr hat mich gelehrt nicht mehr perfekt sein zu wollen, oder besser gesagt, ich bin auf einem guten Weg dorthin und fühle mich dabei, das gebe ich durchaus zu, meistens schon ganz wohl.
Es wird immer Situationen geben, die mir unangenehm sind, weil ich es gewohnt war perfekt zu sein, um gesehen zu werden.
Meines Erachtens ist authentisch sein zu sehr mit „ perfekt sein“ verbunden und wenn ich etwas mit meinem Burnout gelernt habe, dann, dass es mich krank gemacht hat – immer perfekt sein zu wollen. Hätte ich mich früher schon mit diesen Worten Authentisch sein, perfekt sein, natürlich sein beschäftigt, hätte ich viel früher meine Natürlichkeit in den Vordergrund gehoben. Wie geht es dir damit? Wie ist das für dich? Natürlich sein?
Denkst du dabei auch noch ganz oft an Birkenstock, Öko und an die Joschka Fischer Generation? Ist oder war Natürlichkeit bei Dir auch mit „Schmuddelig“ behaftet?
Bei mir war das tatsächlich so. Es gab kein bunt, sondern business style Hosenanzug meist in den Farben Schwarz und weiss – grau war zu meiner schlimmsten Zeit schon wirklich viel Farbe.
Und war es nicht so, dass man sichtbar nur sein sollte, wenn wir perfekt waren, andernfalls hätte es ja peinlich werden können? Also gab es nur zwei Möglichkeiten. Entweder perfekt und sichtbar, oder unperfekt und nicht sichtbar. Stimmtˋs?
Und ist es nicht so, dass viele von uns nur sichtbar sein wollten, um von bestimmten Personen doch bitte endlich gesehen zu werden? Bei mir war diese Person damals mein Vater.
Und jetzt sollen wir auf Teufel komm raus wieder endlich sichtbar werden? Weil es das ist was Frau jetzt tun sollte?
Wenn du Sichtbarkeit mit einem Negativerlebnis verknüpfst ( Hallo Papa, siehst du mich jetzt dann endlich mal), dann lass es!
Tue dir selbst und deinem Geldbeutel den Gefallen und finde zuerst einmal heraus wer du bist, was du willst, und warum du genau jetzt sichtbar werden willst, am besten authentisch und professionell.
Laufe bitte nicht diesem hype des „Alle sind toll und jeder kann Alles“ hinterher. Lass dich nicht treiben von hyperaktiven Darstellerinnen, die alle an das Große Ganze glauben. Ja, die gibt es, und ja, einige davon werden es ganz bestimmt schaffen!
Aber ja, es werden auch einige durchfallen, an Empathie verlieren und im schlimmsten Fall für Ihren Erfolg mit den Gefühlen der anderen spielen!
Weisst du jetzt was der Unterschied zwischen authentisch und natürlich ist? Merkst du vielleicht jetzt ein stückweit mehr, dass der Unterschied zwischen den beiden Begriffen doch gravierender ist als zuvor gedacht?
Ich erzähle dir das, weil ich es am eigenen Leib erfahren habe. Ich war authentisch und wollte immer perfekt sein. Natürlich sein war mir schon zu unprofessionell. Und das hat mich krank gemacht.
Ich wollte eine professionelle Beziehung mit einem Typ1 Diabetiker mit schwer Narzisstischen Zügen leben, und war der Überzeugung, wenn ich aufgebe, dann bin ich eine Versagerin. Aber dazu schreibe ich Dir in einer anderen Kategorie.

Schreibe mir gerne deinen Kommentar und deine Erfahrungen. Ich freue mich auf den Austausch.

Von Herzen, Stefanie

 

 

 

 

 

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